Rheinische Post 25. September 1982

Kalkarer sehen Gefahren durch überfüllten Stadtkern

Besorgtes Schreiben an Innenminister Schnoor

Von unserem Redaktionsmitglied Alois Puyn

Kalkar - In der Stadt Kalkar und ihren Orts­teilen ist eine Woche vor dem 2. Oktober in der Bevölkerung die Diskussion um die Auswir­kungen der großen Demonstration gegen den Schnellen Brüter auf den Alltag der ortsansäs­sigen Bevölkerung voll entbrannt. Wie schon vor fünf Jahren sind auch diesmal wieder der Rat und die politischen Parteien aktiv gewor­den und erhoben massive Vorwürfe gegen die Behörden, die die Demonstration - wie an anderer Stelle dieser Ausgabe zu lesen ist -inzwischen unter bestimmten Auflagen ge­nehmigt haben. Der Stadt- und Ortsverband Kalkar wandte sich in einem vom Vorsitzen­den Karl Ludwig van Dornick unterzeichneten Schreiben direkt an Innenminister Dr. Herbert Schnoor, in dem er (nicht ohne Ironie) daran erinnert, daß den Politikern vor fünf Jahren zwar von Schnoors Amtsvorgänger Burkhard Hirsch „eine Belehrung über die unterschied­liche Wertigkeit von im Grundgesetz veran­kerten Rechten zuteil" geworden sei, daß man dem neuen Innenminister aber dennoch die Sorgen der Bürger vortrage.

CDU: Fassungsvermögen des Marktplatzes zu klein

Die CDU stellt fest, der Marktplatz in Kalkar habe nach aller Erfahrung ein Fassungsvermö­gen von knapp 25 000 Menschen. Bei der an­gekündigten Zahl von vierzigtausend Demon­stranten sei es unvermeidlich, daß sich Scha­ren von Teilnehmern in den Zufahrtsstraßen rückstauen, wie es 1977 schon der Fall gewe­sen sei. „Die Straßen waren damals so über­füllt, daß weder ein Fahrzeug- noch restlicher Fußgängerverkehr möglich war", heißt es in dem Brief der CDU weiter.

 Die Folge: die ärztliche Versorgung und übrige Notversor­gung sei im betroffenen, dicht besiedelten Ge­biet nicht gewährleistet, die freizügige Bewe­gungsmöglichkeit der betroffenen Anlieger und ihrer Kinder sei in starkem Maße behin­dert, der normale Geschäftsbetrieb komme zum Erliegen und auch der Berufsverkehr werde stark behindert.

Man wehre sich in Kalkar, so die CDU in ihrem Schreiben, nicht gegen die Durchfüh­rung der Demonstration, melde aber erhebli­che Bedenken gegen den Versammlungsort an. Bisher hätten glückliche Umstände die Bürger vor Schaden bewahrt. Der Minister dürfe aber Zufall und Glück nicht zum Partner seiner Entscheidungen machen, schließt das Schreiben der CDU.

SPD-Fraktion für Resolution:
Wenige Stunden nachdem die CDU ihren Brief auf die Reise Richtung Düsseldorf ge­schickt hatte, beantragte im Haupt- und Finanzausschuß die SPD-Fraktion, der Rat möge eine Resolution verfassen, in der man sich ebenfalls gegen die Demonstration im engen Raum des Kalkarer Stadtkerns wenden solle. Man begründete seinen von allen Ausschußmitgliedern angenommenen Antrag mit der Sorge, daß auch die überwältigende Mehrheit der friedlichen Demonstrationsteilnehmer nicht verhindern könnte, wenn einzelne Ge­walttäter aktiv würden. Die SPD hielt es nicht für ein gutes Omen, daß die von einem Vorbe­reitungskomitee begonnenen Gespräche mit der Kreispolizeibehörde inzwischen im Sand verlaufen seien. In einer Kommission soll am Wochenende der Wortlaut der Resolution erar­beitet werden.

Anmerkung:  Das Layout wurde zur besseren Übersicht und Lesbarkeit nachträglich geändert mit Zwischenüberschriften!

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