Mister Zuschuss will einfach leben

Josef Michels (74)war Gemeindedirektor in Uedem und Stadtdirektor in Kalkar

Wolfgang Remy    NRZ 18. Juli 2012

 Kleve.  Die Vögel zwitschern, ein mit Liebe angelegtes Bächlein plät­schert durchs Kiesbett, auf dem fast 1000 Quadratmeter großen, kurz gehaltenen Rasen steht ein Mäher. „Das ist jetzt meine Welt", lächelt Josef Michels. Hier lebt der 74-Jäh­rige, locker-lässig in kariertem Hemd und beiger Sommerhose ge­kleidet, „und hab' meinen Frie­den". Mehr brauche er nicht, sagt der leidenschaftliche Hobby-Gärt­ner, und blickt zu Ehefrau Else. Mit ihr ist er seit 46 Jahren verheiratet. Bis vor 13 Jahren hatte er aber kaum Zeit für Frau und Kinder. 26 Jahre stand er im Dienst der Stadt Kleve, auch als Kämmerer, war da­nach 14 Jahre Gemeindedirektor in Uedem, später vier Jahre Stadtdi­rektor von Kalkar. Und immer „unter Strom".
     Nach Uedem kommt er heute nur noch selten, vielleicht zwei Mal im Jahr. „Zur Weihnachtsfeier gehe ich regelmäßig", erzählt „Jupp" Mi­chels, manchmal schaut er auch mal nur so im Rathaus vorbei. An seine Uedemer Zeit denkt „Mister Zuschuss", wie er früher auch mal in Insiderkreisen genannt wurde, gerne zurück. „Die Zusammen­arbeit mit Rat, Verwaltung, Wirt­schaft, Vereinen, Bürgern, sie war einfach großartig", schwelgt er in Erinnerungen. Mitte der 80er Jahre hatte Josef Michels das Stadtbild maßgeblich verändert. Unter seiner Regie lief die „Wohnumfeld-Verbesserung" über die Bühne. Straßen wurden gepflastert, der Marktplatz ge­staltet, Kanäle saniert, früher als das andere Kommunen in Angriff nah­men. Die Millio­nen flössen nur so in die Umgestaltung der Schüsterkengemeinde - nicht zuletzt we­gen Michels Talent, Fördertöpfe aufzutun. „Wenn die mich im Mi­nisterium rausgeschmissen haben, bin ich hinten rum wieder rein ins Büro", nimmt er sich gerne auch selbst auf die Schippe.

 Und verrät beiläufig, dass die Umgehungsstraße „Am Kirchen­hecken" zunächst ohne Bebau­ungsplan erstellt wurde. „Die musste schnell fertig werden", gibt der frühere Verwaltungschef frei­mütig zu. Irgendwie hat er Spaß, das zu erzählen, wie ein Lausbube.
    Apropos Lausbube: Das sind sei­ne zwei Enkelkinder (noch) nicht, die gleich nebenan wohnen. Aber mit ihnen verbringt der Gladbach-Fan viel Zeit, spielt mit ihnen Fuß­ball, oder radelt in den nahen Reichswald. Im Kreise seiner Fami­lie fühlt sich der Pensionär wohl.
     Was wohl auf seine fast vierjährige Amtszeit als Stadtdirektor in Kalkar (1996-1999) nicht so wirklich zutrifft. Wobei die Aufgabe, die
Umsetzung des „Kalkar 2000'-Pro-gramms (Aus­gleich für die Brüter-Stilllegung). eine Herausforderung gewesen sei. Als „Feuerwehr" hätte ihn der da­malige Oberkreisdirektor Rudolf Kersting geholt, weil Stadtdirektor Jürgenliemk „wegen einiger Prob­leme", so Michels, nicht mehr wei­termachen sollte. „Immerhin stan­den für 'Kalkar 2000' über 20 Pro­jekte, etwa das Gewerbegebiet Kehrum mit dem Gewerbe- und Gründerzentrum, gut 120 Millio­nen Mark bereit", erinnert sich Mi­chels. Das sei auch sehr gut gelun­gen, „dank eines klasse Verwal­tungs-Teams".
´  Von den Querelen und Eitelkeiten, besonders bei CDU und SPD, die ihm damals richtig zugesetzt hätten, wolle er heute nichts mehr wissen. Da scheint es konsequent, dass man ihn in Kalkar eher nicht mehr an­trifft.

Überhaupt wäre er beruflich lieber gleich in Uedem geblieben, der „Insel der Glückseligen". Aber das sollte wohl nicht sein, weiß Mi­chels heute.
  Weil sein damaliger „ehrenamtlicher Bürgermeister" seine eigenen Pläne hatte und die dann auch mit politischer Unter­stützung umsetzen konnte. Kon­takt hat er heute keinen mehr zu seinem ehemaligen Weggefährten.
   Wie dem auch sei: Heute freut sich Josef Michels über einen gänz­lich freien Termin-Kalender, die Stunden beim Männergesangsver­ein „Eintracht Materborn", wo er, ebenso wie daheim, „auch nicht mehr den Ton angibt", in erster Li­nie über seine Kinder und Enkel. „Einfach leben" will der 74-Jährige.
    Denn immer dann, wenn es ums Klever Rathaus geht, kocht's in ihm. „Ich kann nicht ver­stehen, dass eine Kreisstadt das einfach nicht hinbekommt", wurmt es Michels. „Die reden viel, aber da steckt nichts dahinter", kri­tisiert er Politik und Verwaltung.
   Nur gut, dass er sich nicht mehr ak­tiv einbringen muss. Und will. „Ich hab' mit Politik nichts mehr am Hut. Ich gehe lieber in den Garten. Und warte auf meine Enkel", findet ein mit sich rundum zufriedener Opa Jupp Michels.