Willi Krebbers

- Vorstandsmitglied im Verein der Freunde Kalkars -

 

In der öffentlichen Sitzung des Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschusses des Rates der Stadt Kalkar am 21. Juni 2012 hat der Ausschuss dem Antrag der CDU-Fraktion für den Architekten- und Investorenwettbewerb zur Bebauung an der Grabenstrasse auf Höhe des Dominikaner-Bongerts zugestimmt.

Auf der darauf folgenden Informationsveranstaltung der Stadt Kalkar am 4. Juli 2012 stellte das Architekten- und Stadtplanungsbüro Wolters Partner den Entwurf des neuen FNP vor.

Die Planungen sehen u.a. Bebauungsmöglichkeiten im Bongert längs der Grabenstr., zwischen dem Altenheim und dem Dominikaner Bongert sowie im Bereich 5b Grabenstr. Nord vor.

 

Als Bürger der Stadt, NABU-Mitglied, Anwohner des Dominikaner-Bongerts und seit 1993 ehrenamtlicher Naturschützer dieses Kleinods, möchte ich Ihnen die unbestritten große ökologische und kulturelle Bedeutung dieses Kulturbiotops und meine großen Sorgen hinsichtlich der Bebauung am und im Dominikaner-Bongert unterbreiten .

 

 

Der Dominikaner-Bongert ist geschichtlich und ökologisch ein einzigartiges Kultur- und Naturgut in unserer Stadt.

Die Griechen und Römer züchteten und kultivierten intensiv Obst. Im Mittelalter taten dies hauptsächlich die Mönche in den Klöstern. Durch die Gründung und den Aufstieg der Klöster erreichte der Obstanbau während dieser Zeit innerhalb der Klostermauern eine erste Blütezeit. Diesen geschichtlichen Nachweis haben wir vor Ort. Die Streuobstwiese „Dominikaner-Bongert" mit ihren hochstämmigen Apfel-, Birnen-, Plaumen-, Zwetschgen- und Kirschbäumen prägt seit dem Mittelalter das Stadtbild von Kalkar.

 

Sie gehört in unserer Stadt zu den artenreichsten Lebensräumen. Sie ist vom Unterwuchs bis zur Baumkrone ideale Heimat für viele Tier- und Pflanzenarten, deren ursprüngliche Lebensräume anderswo stark verändert oder zerstört sind. Sie ist wichtig für zahlreiche Vogelarten, die auf der Roten Liste NRW geführt werden, wie Steinkauz, Grünspecht, Gartenrotschwanz, ebenso für Fledermäuse, Schmetterlinge, Käfer, viele Insekten, Wild und Honigbienen.

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In unserer immer eintöniger werdenden Landschaft sorgt die Obstwiese für willkommene Abwechslung.

 

Die Streuobstwiese erhöht durch ihren positiven Einfluss auf das lokale Klima deutlich die Lebensqualität der dort lebenden Menschen.  ..... 

Durch intensive Blüte und Fruchtbildung stellen die Obstbäume im Dominikaner-Bongert einen „Augenschmaus" dar und veranschaulichen besonders deutlich den Wandel der Jahreszeiten.

 

Die Streuobstwiese ist mit ihren alten Obstsorten eine Genbank, die ein erhebliches ökologisches Kapital darstellt. 

Schülergruppen haben die Möglichkeit, durch genaue Beobachtung Einblicke ins Leben einer Vogelfamilie, z.B. des Steinkauzes, zu bekommen, die Beziehung zur Natur wird bestärkt und fuhrt zu einem verantwortungsbewussten Verhalten gegenüber der Natur.

 

Hier möchte ich besonders auf die Arbeitsgruppe NAKuDoBo der Realschule Kalkar aufmerksam machen. Mit dieser Gruppe betreue ich seit dem Schuljahr 2008/09 den Dominikaner-Bongert und wir haben bereits verschiedene Projekte realisiert und Nisthilfen für verschiedene Vogelarten ( z.B. für den bedrohten Steinkauz), Ohrwürmer und Fledermäuse gebaut. Durch die Teilnahme an verschiedenen Wettbewerben hat die Gruppe Preisgelder gewonnen und somit besonders den Schnitt der alten Obstbäume ermöglicht. ........

In diesem Jahr konnte mit dem Geld eine Wildbienennistwand gebaut und im Bongert aufgestellt werden.

Als nächstes Projekt möchte die Gruppe einen Steinhaufen und eine Wildblumenwiese anlegen. Als Gelände hierfür bietet sich ideal die Fläche hinter der Mauer an der Grabenstraße an.

 

Durch die neuen Bauplanungsabsichten im Dominikaner-Bongert sehe ich die Motivation der engagierten jungen Naturschützer stark gefährdet. Weiterhin vertreiben sie den Steinkauz aus dem Bongert, weil dieser einen Reichtum an Beutetieren und Insekten als Lebensgrundlage braucht.

Durch eine Bebauung wird sein Jagdrevier in Reststücke zersplittet und als Nahrungs- und Brutareal zu klein. Schon die Neubauten des Altenheims und der ehemaligen Touristikagentur fraßen sich in den Kern des Bongerts hinein und sind bereits bestehende Störfaktoren.

 

Ich finde es zudem nicht verantwortlich, dass neun in 2007/08 neu angepflanzte hochstämmige Obstbäume alter Obstsorten für eine Bebauung gerodet werden müssten. Diese Obstbäume wurden mit Spendengeldern Kalkarer Bürger gepflanzt und gepflegt.

 

Wir leben heute in einer Zeit beängstigender Umweltzerstörung, wodurch unsere Landschaft als Lebensraum für Menschen und Tiere stark gefährdet ist. Darum möchte ich abschließend auf den Leitsatz 4 und 4.4 in der Neuaufstellung des FNP hinweisen:

 

Kalkar erfüllt in großem Maße die Funktion eines Wohn- und Erholungsstandortes. Die Qualitäten als Wohn- und Erholungsstandort sind zu erhalten und auszubauen. Das Vorhandensein von zwei Qualitätsmerkmalen: kulturhistorisch bedeutende und attraktive Ortslagen und einer für verschiedene touristische Bedürfnisse geeignete Landschaft verpflichtet die künftige Planung, sorgsam mit diesen Potentialen umzugehen".

 

„Freiraum   sichert   Lebensqualität   und   ist   über   den   Tourismus   ein Wirtschaftsfaktor.   Das   Angebot   an   innerörtlichen   Freiflächen   ist   als Qualitätsmerkmal für die Wohn- und Aufenthaltsqualität zu pflegen und miteinander zu verknüpfen. Bei Nutzungsansprüchen an den Freiraum ist immer auch die kulturgeschichtliche und touristische Bedeutung zu beachten".

 

Darum sollte bei der Planung die Attraktivität der Streuobstwiese als zukunftweisendes Beispiel zur Erhaltung eines Lebensraumes und wertvollen Kulturgutes oberste Priorität genießen.

 

Des weiteren sollten auch die restlichen Flächen 5 a zwischen dem Altenheim und Dominikaner-Bongert und im Bereich 5b Grabenstraße Nord als Bebauungsflächen aus dem FNP ausgeplant werden.

 

Ich hoffe sehr, dass die Verantwortlichen in Kalkar aus Politik und Verwaltung die Leitsätze beachten und sich für das noch intakte Kultur- und Naturgut „Dominikaner-Bongert" einsetzen.

 

Kalkar, den 27. August 2012

gez. Willi Krebbers