Rheinische Post (Grenzland) 10. Juli 1987
 


CDU-Landeschef Norbert Blüm besuchte Schnellen Brüter / Belegschaft dankte

"Ich stehe an der Seite Kalkars"

Von unserem Redaktionsmitglied Ludger Distelkamp

Kalkar- Bundesarbeitsminister Blüm gab sich locker, obwohl das Thema gar nicht zum Lachen war. „Das ist aber ein schönes Rat­haus", sagte der nordrhein-westfälische CDU-Landeschef und gab artig Komplimente bei seiner Ankunft auf dem Kalkarer Markt. Bür­germeister Karl-Ludwig van Dornick antwor­tete, das Rathaus sei über 500 Jahre alt. „War damals auch schon die CDU dran ?", witzelte Blüm. Das war auch schon der humorvolle Teil seiner Reise in das niederrheinische Städt­chen.

Nach nervtötendem Warten eine klare Antwort erwartet
Denn vom Besuch des Arbeitsministers und CDU-Landeschefs erwarteten Belegschaft und Schnell-Brüter-Kernkraftwerksgesell­schaft (SBK) nach nervtötendem Warten, ob das Kernkraftwerk bald ans Netz geht oder nicht, eine klare Antwort.
„Ja, ich bin für den Brüter, weil Nordrhein-Westfalen einen Spit­zenplatz in der technischen Entwicklung ein­nehmen muß," betonte der Bonner Gast und nutzte im festlichen Rathaussaal der kleinen Stadt die Gelegenheit, seinem Kontrahenten, Ministerpräsident Rau, die Leviten zu lesen. Im Interesse der Belegschaft sei es nun an der Zeit, daß Düsseldorf endlich eine Entschei­dung treffe. Blüms Ja zum Brüter war aber mit einem Ja, aber verbunden: „Wenn die Sicher­heitsfragen gewährleistet sind, soll das Kern­kraftwerk ans Netz gehen." Blüms General­sekretär, Gelderns Landtagsabgeordneter Dr. Linssen, wurde da schon deutlicher beim Be­such in Hönnepel: „Es bleiben nur noch politi­sche Gründe gegen den Brüter übrig."

zusammengeschrumpfter Mitarbeiterkern
Für den zusammengeschrumpften Mitar­beiterkern dankte der Vorsitzende des Be­triebsrats, Manfred Hoppmann, dem „Kolle­gen Blüm von der IG Metall". Der Minister ha­be die Belegschaft moralisch gestützt. Bei ei­nem Gespräch hinter verschlossenen Türen hatte zuvor der Vertreter der Belegschaft ge­sagt: „Die machen uns moralisch kaputt in Düsseldorf".
Der Bonner Minister: „Die Ar­beitnehmer haben ein Recht zu erfahren, was die Landesregierung will."

Nach 15 Jahren endlich eine Entscheidung erwarten

„Entweder sind die Planer und Erbauer, insgesamt also ein Großteil der deutschen In­dustrie, unfähig, ein solch vielversprechendes Konzept zu verwirklichen, oder die Genehmi­gungsbehörde ist unfähig, das vorgelegte Konzept adäquat zu beurteilen", sagte Bürger­meister van Domick und machte aus seinem Herzen keine Mördergrube, daß die Kalkarer nach 15 Jahren nun endlich eine Entschei­dung erwarten. Er verwies darauf, daß im Un­terschied zu den Kohle- und Stahlproblemen das Thema Brüter nicht hausgemacht sei. „Wir sind zu der Überzeugung gelangt, daß die Si­cherheit so gewährleistet ist, daß wir ein Ja zur Inbetriebnahme des Brutreaktors verantwor­ten können", meinte der Bürgermeister und setzte ein klares Signal. Dabei lehne man kei­nesfalls Diskussionen ab, man lehne aber Dis­kussionen als Hilfsmittel einer Verzögerungs­und Verhinderungsstrategie ab.
Blüm, der dem Ruf des Betriebsrats nach Kalkar gefolgt war, ließ nicht lange auf sich warten: „Ich ste­he an der Seite Kalkars."

Anmerkung:  Das Layout wurde zur besseren Übersicht und Lesbarkeit nachträglich geändert mit Zwischenüberschriften!

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