Kalkar-Hönnepel
- Fast möchte man sie als Stoff für den Komödienstadel oder das Ohnsorgtheater empfehlen, die Geschichte, die sich in diesen Tagen in
Hönnepel zugetragen hat. Doch irgendwann im Laufe der Story, bei der
sich Dichtung und Wahrheit nicht an allen Stellen genau
auseinanderhalten lassen, schlägt das Schmunzeln in Unbehagen, wenn
nicht gar mehr, um.
Da soll, so sagt
man, entgegen den Wünschen der Jubilare, an einer
Silberhochzeitsresidenz dennoch ein Glückwunschschild angebracht
worden sein. Und dann hatte am anderen Morgen auf dem Nachbarhof über
dem Parkschild, das den Teilnehmern am Kernkraftwerksgegnertreffen das
Ab-
Kettenreaktion
stellen ihrer Fahrzeuge erlaubt hatte, die Schrift:
„Zum grünen Sepp"
geprangt.
Scherze unter
Nachbarn, über die
man sich an der Theke köstlich amüsiert, sollte man sagen. Aber in Hönnepel ist eben manches anders. Da gib
es außerhalb des Kernkraftwerks Kettenreaktionen. Sie führten dazu, daß
noch ein Dritter Stoff für Gespräche
am Stammtisch lieferte, nur daß man
nun nicht mehr lachte, sondern seiner
Empörung freien Raum ließ. Da waren
nämlich des gefoppten „Sepps"
Freunde, gleich fünfzig an der Zahl,
aus dem Kernkraftsgegnerlager in das
Dorf marschiert, hatten sich vor das Haus eines nichtsahnenden Ratsherren postiert und so laut und nachhaltig
Sprüche wie „Van de Sands - Hönnepels Schand" skandiert, daß der mit
solchen „Ovationen" aus dem Mittagschlaf Geschreckte fast aus dem Bett
gefallen war. Zwar hielt die Polizei das
„Happening" gut im Auge, und es
brauchte niemand unruhig zu werden.
Seit aber die Hönnepeler wissen, was
die Besucher an „Souvenirs" am Haus
hinterlassen haben, nämlich in den
Putz eingeritzte Schrift „1. Warnung"
und einen Zettel: „Anarchie ist mach-
bar, Herr Nachbar", ist ein Teil ihrer
Gelassenheit weg. / Pn |